Askese


Askese (altgriechisch ἄσκησις áskēsis), gelegentlich auch Aszese, ist ein vom griechischen Verb ἀσκεῖν askeín ‚üben‘ abgeleiteter Ausdruck. Seit der Antike bezeichnet er eine Übungspraxis im Rahmen von Selbstschulung aus religiöser oder philosophischer Motivation. Angestrebt wird damit die Erlangung von Tugenden oder Fertigkeiten, Selbstkontrolle und Festigung des Charakters. Der Praktizierende wird Asket (griechisch ἀσκητής askētḗs) genannt.

Eine asketische Schulung beinhaltet Disziplinierung sowohl hinsichtlich des Denkens und Wollens als auch hinsichtlich des Verhaltens. Dazu gehört einerseits „positiv“ das beharrliche Einüben der angestrebten Tugenden oder Fertigkeiten, andererseits „negativ“ das Vermeiden von allem, was nach der Überzeugung des Asketen der Erreichung seines Ziels im Wege steht. Den Ausgangspunkt bildet die Annahme, dass eine disziplinierte Lebensweise die Beherrschung der Gedanken und Triebe voraussetzt. Die auffälligste Auswirkung auf die Lebenspraxis besteht im freiwilligen Verzicht auf bestimmte Bequemlichkeiten und Genüsse, die der Asket für hinderlich und mit seinem Lebensideal unvereinbar hält. Meist betrifft der Verzicht in erster Linie die Bereiche Genussmittel und Sexualität. Hinzu kommen Maßnahmen zur körperlichen und geistigen Ertüchtigung, in manchen Fällen auch Übungen im Ertragen von Schmerzen.

Im heutigen Sprachgebrauch werden die Wörter Askese, asketisch und Asket verwendet, wenn eine freiwillige Enthaltsamkeit zwecks Erreichung eines als höherwertig geltenden Ziels praktiziert wird. Dabei können religiöse oder philosophische Motive in den Hintergrund treten oder ganz entfallen.

In der Religionswissenschaft fallen zahlreiche Praktiken der Selbstkontrolle und des Verzichts unter den Begriff der Askese. Als Asketen bezeichnet man Menschen, die sich einer von dauerhaft ausgewählten Askesepraktiken bestimmten Lebensform verschrieben haben. Viele Asketen haben Texte verfasst, in denen ihre Lebensweise dargestellt wird, oft idealisierend und werbend. In der neueren Forschung werden verschiedene kulturübergreifende Vorschläge zur Definition der Askese erörtert, darunter die Bestimmung als „zumindest teilweise systematisches Programm der Selbstdisziplin und Selbstverleugnung“.[1]

In zahlreichen Religionen und in den Verhaltensnormen vieler indigener Völker wird Askese positiv bewertet und – oft nach festen Regeln – zeitweilig oder dauerhaft, individuell oder kollektiv praktiziert. Häufig sind befristete Askeseübungen, etwa Einhaltung bestimmter periodisch wiederkehrender Buß-, Fasten- oder Trauerzeiten oder Enthaltsamkeit und Abhärtung im Rahmen der Vorbereitung auf Übergangsriten.[2]


Buddha als Asket. Skulptur des 2./3. Jahrhunderts, British Museum
Asketen (Sadhus) in Kathmandu
Indischer Fakir (1907)
Buddhistische Mönche in Thailand beim Bettelgang
Der nackte Asket Mahavira empfängt Almosen (neuzeitliche Darstellung in einem Jaina-Tempel).
Die Säulenheiligen Symeon Stylites der Ältere (links) und Symeon Stylites der Jüngere auf einer Ikone
Eremitenkapelle (Erweiterung einer bis ins 17. Jahrhundert bewohnten Eremitenzelle) bei Fore Abbey, Irland
Flagellanten auf einem Holzschnitt des 15. Jahrhunderts
Byzantinische Darstellung des Hesychasten Gregorios Palamas
Behausungen von griechisch-orthodoxen Eremiten am Berg Athos, dem traditionellen Zentrum des Hesychasmus
Die Versuchung des heiligen Antonius. Gemälde von Hieronymus Bosch im Museu Nacional de Arte Antiga, Lissabon