Bildungssprache


Bildungssprache ist ein formelles sprachliches Register, das auch außerhalb des Bildungskontextes – in anspruchsvollen Schriften oder öffentlichen Verlautbarungen – gebräuchlich ist. Das heißt, sie wird nicht nur in Bildungseinrichtungen verwendet. Bildungssprache beinhaltet tendenziell Merkmale der Schriftsprache, auch dann, wenn sie sich mündlich vollzieht. Der Gebrauchszweck von Bildungssprache ist, hoch verdichtete, anspruchsvolle Informationen in Situationen zu vermitteln, in denen man nicht auf den Kontext verweisen kann. Nach Jürgen Habermas (1977) ist Bildungssprache dasjenige sprachliche Register, in dem man sich mit den Mitteln der Schulbildung ein grundlegendes Orientierungswissen verschaffen kann.

Der Begriff „Bildungssprache“ an sich ist nicht neu. Im alltäglichen Sprachgebrauch ist ein Verständnis verbreitet, das auch in pädagogischen Schriften im 19. und 20. Jahrhundert zu finden ist. Darin wird Bildungssprache als „hohe“ und „reine“ Sprache definiert. Gemeint ist vor allem die (Aus-)Sprache der Gebildeten und „besseren“ Schichten, im Gegensatz zur „Mundart“, die als Sprache der gesellschaftlichen Unterschichten gilt.[1]

Die Bildungssprache unterscheidet sich von der Umgangs- oder Alltagssprache zum einen durch ihr hohes Maß an konzeptioneller Schriftlichkeit, zum anderen durch einen Wortschatz, der die Fachsprache mit einbezieht. Laut Habermas erwirbt man letztere durch die Aneignung spezieller Kenntnisse in einem bestimmten Fachgebiet (zum Beispiel bei der Berufsausbildung durch ein besonderes Fachvokabular). Die Bildungssprache unterscheidet sich von der Fachsprache insofern, als sie allen zugänglich ist, die sich mit den Mitteln der (höheren) Schulbildung eine Art „Orientierungswissen“ verschaffen können. Dieses wird in der Schulsprache vermittelt und beschreibt die Fähigkeit, spezielles Wissen in den Kontext der eigenen Lebenswelt übertragen zu können. Die Schulsprache schlägt sich in der Lehrer-Schüler-Kommunikation nieder und richtet sich an der geschriebenen Sprache aus. Sie ist abstrakter und vielfältiger als die Alltagssprache, außerdem themengebunden. Unter Wissenschaftssprache wird die Sprache in wissenschaftlichen Abhandlungen und der Forschung verstanden. Sie ist ein Teil der Bildungssprache, beide beeinflussen einander.

Die Bildungssprache ergibt sich daher sowohl aus dem Zusammenspiel zwischen der Alltags-, Schul- und Fachsprache als auch in geringem Maße aus der Wissenschaftssprache und hat die Funktion, Fachwissen in sinnstiftende Alltagsdeutungen einzubringen. Daraus folgt, dass das Beherrschen der Bildungssprache für den Alltag förderlich ist, da schwierige und anspruchsvolle Sinnzusammenhänge durch sie sprachlich durchdrungen und Informationen verarbeitet werden können.