Drittes Reich ist eine Bezeichnung für das nationalsozialistische Deutschland. Seit den 1920er Jahren wurde der Begriff von der Völkischen Bewegung und den Nationalsozialisten propagandistisch eingesetzt, um die von ihnen angestrebte Diktatur in eine Traditionslinie mit dem 1806 untergegangenen Heiligen Römischen Reich und dem 1871 gegründeten Kaiserreich zu stellen, die Weimarer Republik hingegen von beiden abzugrenzen und dadurch zu delegitimieren. Bis 1939 und darüber hinaus war der Begriff auch als Selbstbezeichnung des NS-Staats gängig. Seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges wird er wegen seiner Begriffsgeschichte auch kritisch gesehen.
Die Ursprünge des Begriffs liegen in weit älteren christlich-theologischen sowie philosophisch-utopischen Traditionen des Abendlands.[1] Nach christlichen Vorstellungen des Mittelalters bezeichnete das Dritte Reich die nach-endzeitliche Herrschaft des Heiligen Geistes. Die darin mitschwingende messianische Heilserwartung nutzten die Nationalsozialisten, um ihrer Bewegung einen quasi-religiösen Anstrich zu geben. Nachdem sich das Regime Adolf Hitlers etabliert hatte, verwendete die NS-Propaganda den Begriff wegen seiner christlichen Implikationen nur noch selten und ließ ihn schließlich ganz fallen.
Nach Claus-Ekkehard Bärsch ist die spätere Popularisierung des Begriffs „Drittes Reich“ auf die „abendländische Obsession“ zurückzuführen, Geschichte im „Dreischritt“ zu denken und die moderne Rede über die Einteilung von Geschichte in Antike, Mittelalter und Neuzeit.[2] Dieser Einteilung von Historie als Gesamtgeschichte liegen geschichtsphilosophische Gedanken zugrunde, die ihre frühen ideengeschichtlichen Wurzeln in der christlichen Geschichtstheologie, insbesondere bei Paulus und in der Offenbarung des Johannes, haben. Paulus’ Gliederung der Weltgeschichte in die drei Reiche – das der heidnischen lex naturalis, jenes der lex mosaica des Alten Testaments und das dritte, christliche Reich – stellt das Grundschema der religiösen Geschichtsdeutung im Abendland dar,[3] die mit der Verkündung eines dritten Reiches von Joachim von Fiore im 12. Jahrhundert bis hin zu Dante einen Höhepunkt erreichte.[3]
Vor allem die Offenbarung des Johannes sei demgemäß „die Mutter der Geschichtstheologie und die Großmutter der modernen Geschichtstheologie“.[2] Auf die in dieser Schrift beschriebene endzeitliche Heilserwartung, der zufolge das „himmlische Jerusalem“ für ewig auf der Erde errichtet werden sollte, setzte beispielsweise in der Zeit der Renaissance König Franz I. von Frankreich, als er sich um die Kaiserkrone des Heiligen Römischen Reiches bewarb. Zum Zeichen dafür ließ er Schloss Chambord errichten, das hinsichtlich seiner Baugestalt und Symbolik in Anlehnung an die in der Offenbarung des Johannes beschriebene Himmelsstadt gebaut wurde.