Genie


Ein Genie (über das französische génie vom lateinischen genius, ursprüngl. „erzeugende Kraft“) ist eine Person mit überragender schöpferischer Geisteskraft („ein genialer Wissenschaftler“, „ein genialer Künstler“). Zugleich bezeichnet der Begriff auch die Gabe, über die der geniale Mensch in besonderer Weise verfügt.

Genialität kann sich auf allen Gebieten zeigen – künstlerisch, wissenschaftlich, wirtschaftlich, philosophisch, politisch usw. Es kann zwischen Universalgenies, Genies und „verkannten Genies“ unterschieden werden.[2]

Als Geniologie bezeichnet man die Lehre von den genialen Veranlagungen, ihren Bedingungen und Formen.

Der Begriff des Genies hat zwei unterschiedliche Wurzeln: Im englischen Sprachraum stammt er vom lateinischen Genius ab, einem Schutzgeist in der römischen Religion. Der Genius, den nur Männer besaßen, wohnte einem jeden Mann inne und starb mit ihm. Er repräsentierte seine Persönlichkeit und gab ihm die Fähigkeit zur Zeugung von Nachkommen. Man kann ihn als ein inneres Wirkungsprinzip bezeichnen. In der Kunstgeschichte wurden die Genien in mittelalterlichen Skulpturen und Abbildungen als geflügelte Gestalten abgebildet, im Barock waren sie in Form kleiner wohlgenährter Säuglinge eine sehr beliebte Dekoration. Das weibliche Gegenstück zum Genius ist Juno.

In Deutschland und Frankreich kann der Begriff „Genie“ auf ingenium (natürliches, angeborenes Talent) zurückgeführt werden. In der Renaissance begann man, mit dem Wort „Genie“ nicht mehr einen göttlichen Ursprung in Verbindung zu bringen, sondern künstlerische Schaffenskraft oder die Quelle der Inspiration zu beschreiben.[3] Nach der französischen Querelle des Anciens et des Modernes breitete der Begriff sich dann schlagartig aus und dominierte die ästhetischen Debatten: der Begriff „Genie“ stand nun einerseits für den aus sich selbst heraus schaffenden Künstler, der die Natur nicht nur nachahmt (wie es das frühere ästhetische Modell vorsah), sondern der in seiner Arbeit vollendet, was die Natur selbst noch nicht vollenden konnte, andererseits für dessen Begabung bzw. Talent.

Das diesem Modell zugrunde liegende Naturverständnis lässt sich im Wesentlichen schon auf Aristoteles zurückführen.


Eine auf Basis der Eminence von Genies erstellte Rangordnung von 772 herausragenden Künstlern ergab Michelangelo auf Platz 1 als größtes Genie im Bereich Kunst.[1]
Römischer Genius aus dem 2. Jh. n. Chr., bei Vindobona gefunden
Ein verkanntes Genie. Originalzeichnung von C. W. Allers. Satirische Darstellung aus Die Gartenlaube.
Paul Klee: „Gespenst eines Genies“ (1922)