Heiliges Römisches Reich
Heiliges Römisches Reich (lateinisch Sacrum Imperium Romanum oder Sacrum Romanum Imperium),[1] seit dem Ende des 15. Jahrhunderts auch Heiliges Römisches Reich Deutscher Nation (lateinisch Sacrum Imperium Romanum Nationis Germaniae), war vom Spätmittelalter bis 1806 die offizielle Bezeichnung für das seit dem 10. Jahrhundert bestehende Herrschaftsgebiet der römisch-deutschen Kaiser. Der Name leitet sich vom Anspruch seiner mittelalterlichen Herrscher ab, Nachfolger der römischen Kaiser der Antike und nach Gottes heiligem Willen die universalen, weltlichen Oberhäupter der Christenheit zu sein, im Rang also über allen anderen Königen Europas zu stehen. Zur Unterscheidung vom 1871 gegründeten Deutschen Reich wird es auch als Römisch-deutsches Reich oder als Altes Reich[2] bezeichnet.
Das Reich bildete sich im 10. Jahrhundert unter der Dynastie der Ottonen aus dem ehemals karolingischen Ostfrankenreich heraus.[3] Mit seiner Kaiserkrönung am 2. Februar 962 in Rom knüpfte Otto I., wie 162 Jahre zuvor Karl der Große, an die Idee des erneuerten Römerreiches an. An der Theorie der Translatio imperii, die ihren universalen Herrschaftsanspruch legitimierte, hielten seine Nachfolger bis zum Ende des Reiches prinzipiell fest. Das Gebiet des Ostfrankenreichs wurde erstmals im 11. Jahrhundert in verschiedenen Schriftquellen – aber nie offiziell[4] – als Regnum Teutonicum oder Regnum Teutonicorum bezeichnet.[5] Seit der Zeit Kaiser Friedrich Barbarossas sind die Namen Sacrum Imperium (1157) und Sacrum Romanum Imperium (1184) erstmals urkundlich belegt, nicht erst seit 1254, wovon die ältere Forschung ausging.[6] Der Zusatz Deutscher Nation (lateinisch nationis Germanicæ oder natio Teutonica) wurde ab dem späten 15. Jahrhundert gelegentlich gebraucht.[7]
Umfang und Grenzen des Heiligen Römischen Reiches veränderten sich im Laufe der Jahrhunderte erheblich. Seit 1033 bestand es aus drei Teilen: aus dem Regnum Teutonicum, also dem „deutschen“ Reich, aus Reichsitalien und – bis zum faktischen Verlust im ausgehenden Spätmittelalter – aus dem Königreich Burgund, das auch als Arelat bezeichnet wurde.[8] Eine Sonderrolle nahm das ebenfalls dem Reich angehörige Königreich Böhmen ein. Zur Zeit seiner größten Ausdehnung um 1200 umfasste das Reichsgebiet das heutige Deutschland bis zur Eider, die Benelux-Staaten mit Ausnahme von Teilen Flanderns, die Schweiz, Liechtenstein, Österreich, Tschechien, Slowenien und Norditalien außer Venedig sowie weite Teile im Osten Frankreichs und ungefähr das westliche Drittel Polens. Wegen verschiedener Unklarheiten bei der Reichszugehörigkeit (z. B. den Deutschordensstaat betreffend) ist eine eindeutige Darstellung des Reichsgebietes nicht möglich; dies ist auch im Falle der hier verwendeten Karten zu beachten.
Kaiser und Reich auf einem Kupferstich von Abraham Aubry, Nürnberg 1663/64.
Im Zentrum ist Kaiser
Ferdinand III. als
Haubt des Reiches im Kreise der
Kurfürsten abgebildet. Zu seinen Füßen sitzt eine Frauengestalt als Allegorie des Reiches, erkennbar am
Insigne des
Reichsapfels. Die sie umgebenden Früchte symbolisieren die Hoffnung auf neuen Wohlstand nach dem Ende des
Dreißigjährigen Krieges.
Im Original ist die Darstellung unterschrieben mit:
Teutschlands fröhliches zuruffen / zu glückseliger Fortsetztung / der mit Gott / in regensburg angestellten allgemeinen Versammlung des H. Röm. Reiches obersten Haubtes und Gliedern
Die Gebietsaufteilung des Fränkischen Reiches im Vertrag von Verdun (Wirten) 843
Kaiserliches Siegel Ottos I.
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Das Heilige Römische Reich zur Zeit der späten Staufer
Die
Kurfürsten wählen Graf Heinrich von Luxemburg am 27. November 1308 zum König. Die Kurfürsten, durch die Wappen über ihren Köpfen kenntlich, sind, von links nach rechts, die Erzbischöfe von Köln, Mainz und Trier, der Pfalzgraf bei Rhein, der Herzog von Sachsen, der Markgraf von Brandenburg und der König von Böhmen (Letzterer nahm an der Wahl 1308 jedoch nicht teil);
Codex Balduini Trevirensis (Landeshauptarchiv Koblenz, Bestand 1 C, Nr. 1, fol. 3b).
Das Heilige Römische Reich um 1400
Gründungsmitglieder (hell lila) und nach der Gründung beigetretene Mitglieder (lila) des Schmalkaldischen Bundes
Titelseite des Drucks des Reichsabschieds von Augsburg, Mainz 1555
Das Heilige Römische Reich im Jahr 1618
Das Heilige Römische Reich nach dem
Westfälischen Frieden 1648 (in lila geistliche Territorien, in rot die Reichsstädte).
Das Heilige Römische Reich am Vorabend der
Französischen Revolution 1789 (in lila geistliche Territorien, in rot die Reichsstädte).
Medaille des Rheinbundes 1808
Titelblatt
Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs von Justitzrath
Pütter, Göttingen 1788
Kaiserwappen, gut erkennbar sind die Wappen der Länder der Habsburger, die rund um den doppelköpfigen Reichsadler angeordnet sind, Siebmacher 1605
Der
Quaternionenadler mit den Reichsständen als Symbol des Reiches, Holzschnitt von Hans Burgkmair d. Ä., 1510
George Desmarées’ (1697–1776)
Clemens August I. von Bayern mit dem Pagen von Weichs.
Das Bild zeigt Kurfürst Clemens August mit allen Zeichen seiner geistlichen und weltlichen Herrschaft: Kurmantel und Kurhut stehen für das Kurfürstentum Köln, das auf der Brust hängende bischöfliche Pektorale, der Kragen des Priesterornats und die auf dem Tisch hinter dem Kurhut liegende Mitra versinnbildlichen sein Amt als Erzbischof von Köln.
Frankfurt am Main war eine der wichtigsten Reichsstädte und Wahl- und Krönungsort der Kaiser seit 1562, Stich aus dem Jahr 1658
Institutionen des Reiches seit der Frühen Neuzeit
Sitzung des Reichstags in Regensburg im Jahr 1640 (nach einem Stich von
Matthäus Merian)
Reichskreiseinteilung seit 1512. Die kreisfreien Territorien sind weiß dargestellt.
Audienz am Reichskammergericht, Kupferstich, 1750
Das Gebiet des Heiligen Römischen Reiches im Zeitraum von 962 bis 1806, gezeichnet zusammen mit den modernen Grenzen