Industrialisierung


Industrialisierung ist innerhalb eines Staates ein Prozess, während dessen sich ein Agrarstaat zu einem Industriestaat entwickelt. Ein Gegenbegriff ist die Deindustrialisierung.

Weltweit gab es zunächst Agrarstaaten, in denen die Arbeit in der Landwirtschaft und damit die Produktion von Agrarprodukten natürlichen, witterungsbedingten Einflüssen unmittelbar unterliegt. Das führt zu schwankenden Ernteerträgen und auch zu Missernten durch Dürre, Schädlinge, Überschwemmungen etc. Staatsziel des Agrarstaates ist vor allem die Subsistenzwirtschaft zur Selbstversorgung mit eigenerzeugten Agrarprodukten, idealerweise mit einem Selbstversorgungsgrad von 100 %. Industrialisierung bezeichnet technisch-wirtschaftliche Prozesse des Übergangs von agrarischen zu industriellen Produktionsweisen,[1] in denen sich die maschinelle Erzeugung von Gütern und Dienstleistungen durchsetzt.[2]

Der Unterscheidung zwischen Industrie- und Agrarstaaten liegt der jeweils herrschende Wirtschaftssektor (Industrieproduktion oder Agrarproduktion) und deren Anteil am Bruttoinlandsprodukt (BIP) oder der Anteil der Erwerbstätigen jener Sektoren[3] an den gesamten Erwerbstätigen zugrunde. Typische Agrarstaaten sind alle Entwicklungs- und die meisten Schwellenländer. Sie besitzen das größte Marktpotenzial für ihre Industrialisierung.

Jean Fourastié ging 1949 in seiner Drei-Sektoren-Hypothese von einem Staatsmodell aus, das drei Sektoren umfasste, nämlich den primären Sektor (Landwirtschaft, Fischerei und Forstwirtschaft; im weiteren Sinne auch der Bergbau), sekundären Sektor (Baugewerbe, Energie- und Wasserversorgung, Handwerk oder verarbeitendes Gewerbe) und den tertiären Sektor (Dienstleistungen im Finanzwesen, Forschung und Entwicklung, Gastronomie, Handel, Immobilienwirtschaft, Verkehr und Nachrichtenübermittlung, öffentliche Verwaltung usw.).

Mit seinem Drei-Sektoren- bzw. Drei-Phasen-Modell versuchte Fourastié die idealtypische Entwicklung einer Volkswirtschaft bis hin zur Dienstleistungsgesellschaft zu erklären (sektoraler Strukturwandel). Ausgehend vom Agrarmarkt wachse zunächst die Industrieproduktion, die zunehmend Landtechnik herstelle und technischem Fortschritt unterliege, so dass Arbeitsplätze im Primärsektor verschwänden und im Sekundärsektor benötigt würden.[4] Eine Marktsättigung tritt am schnellsten ein bei Produkten des primären Sektors, dann bei denen des sekundären Sektors, während die Nachfrage nach denen des tertiären Sektors unbegrenzt sei und bleibe.[5] Die zunehmende Automatisierung und Mechanisierung in diesen Sektoren führe zu mehr Freizeit für die Arbeitskräfte, was die Dienstleistungen des tertiären Sektors stärke.[6]


St.-Antony-Hütte von 1758, Abbildung von 1835
Zeche Mittelfeld, Ilmenau (Zeichnung um 1860)
Fourastié – Entwicklung der drei Wirtschaftssektoren für Frankreich
Barmen um 1870 vom Ehrenberg aus gesehen, Gemälde von August von Wille
Zeche Sterkrade, Foto, ca. 1910–1913
Industrialisierung bedeutet auch die Mechanisierung traditionell manueller Wirtschaftssektoren wie der Agrikultur.