Kirchliche Gemeinschaften


Kirchliche Gemeinschaften (communitates ecclesiales, communitates ecclesiasticae) sind im Sprachgebrauch der römisch-katholischen Kirche christliche Konfessionen, die sie nach ihren Kriterien nicht als Kirchen bezeichnen kann.

Vor dem Zweiten Vatikanischen Konzil identifizierte sich die Römisch-katholische Kirche in der Weise mit der Kirche Jesu Christi, dass sie außerhalb ihrer selbst nur Häretiker, Schismatiker und Nichtchristen erkennen konnte. In einer gewissen Spannung dazu wurde die Orthodoxie meist als Kirche(n) bezeichnet, womit ein historischer Sprachgebrauch nachwirkte. Die aus der Reformation hervorgegangenen Konfessionen wurden von Rom vor dem Konzil zu keinem Zeitpunkt als Kirchen anerkannt.[1]

Das Verhältnis nichtkatholischer Christen und Kirchen zur römisch-katholischen Kirche, welches den Texten des Zweiten Vatikanischen Konzils zugrunde liegt, kann man sich im Modell konzentrischer Kreise verdeutlichen. Die römisch-katholische Kirche bildet den innersten Kreis (nur in ihr findet sich die „Fülle der Heilsmittel“), Jesus Christus aber ist das Zentrum.[2] Während Katholiken der Kirche „einverleibt“ sind (incorporantur), sind Nichtkatholiken in verschiedener Weise mit ihr verbunden oder auf sie hingeordnet.[3]

Das Konzil unterschied zwischen „Kirchen“ und „kirchlichen Gemeinschaften“. Um diese Formulierung wurde während des Konzils gerungen. Die ersten Textentwürfe unterschieden zwischen den „Kirchen“ des Ostens und den aus der Reformation hervorgegangenen „Gemeinschaften“. Die positive Wahrnehmung von Gemeinschaften bedeutete bereits einen wesentlichen Fortschritt gegenüber der Vorstellung, dass nichtkatholische Christen nur als Einzelpersonen („getrennte Brüder“, fratres seiuncti) auf die katholische Kirche hingeordnet seien. Die „Gemeinschaften“ kamen neu in den Blick als die Orte, an denen diese Christen ihren Glauben leben.[4] So heißt es explizit im Vorwort von Unitatis redintegratio über die ökumenisch engagierten Nichtkatholiken, dass sie „den dreieinigen Gott anrufen und Jesus als Herrn und Erlöser bekennen, und zwar nicht nur einzeln für sich, sondern auch in ihren Gemeinschaften (in coetibus congregati)[5], in denen sie die frohe Botschaft vernommen haben und die sie ihre Kirche und Gottes Kirche nennen (Ecclesiam dicunt esse suam et Dei)[6].“


Kardinal Franz König (1960)
Kardinal Joseph Ratzinger, Präfekt der Glaubenskongregation 1981–2005, im Jahr 2003