Mensur (Studentenverbindung)


Eine Mensur ist ein traditioneller, streng reglementierter Fechtkampf zwischen zwei männlichen Mitgliedern unterschiedlicher Studentenverbindungen mit geschärften Klingenwaffen. Der fechttechnische Fachbegriff „Mensur“ (von lateinisch mensura, „Maß“, „Abmessung“) bezeichnet seit dem 16. Jahrhundert einen festgelegten Abstand der Paukanten zueinander.[1] Mensuren werden von vielen Verbindungen in Deutschland, Österreich, der Schweiz sowie einigen wenigen in Belgien, Polen und im Baltikum gefochten, je nach Hochschulort mit Korb- oder Glockenschlägern. Verbindungen, die die Mensur pflegen, werden allgemein mit dem Begriff schlagend bezeichnet. Die Paukanten sind heute bis auf Teile ihres Kopfes und Gesichts vor Verletzungen weitgehend geschützt. Gegebenenfalls dabei entstehende Wunden und deren Narben heißen Schmisse.

Das Mensurfechten ist weder Sport noch Duell, hat aber mit beiden Formen menschlichen Kräftemessens Gemeinsamkeiten. Wie beim Sport geht es nicht um das Austragen persönlicher Differenzen; ein gewisses Vertrauen zueinander ist für ein „Paukverhältnis“ sogar nötig. Allerdings kennt eine Mensur keine Gewinner oder Verlierer. Wichtiger als ein Sieg ist die „aufrechte Teilnahme“, das Durchhalten und die Beherrschung von Affekten (siehe auch: Contenance). Die Leistung jedes teilnehmenden Fechters – des „Paukanten“ – wird unabhängig von der Leistung seines Gegners bewertet: etwa nach Stand, Moral und Technik. Dies nimmt der Mensurconvent vor, das ist ein Gremium, bestehend aus den anwesenden Corps- bzw. Bundesbrüdern, also Mitgliedern der Studentenverbindung des jeweiligen Paukanten, die die Mensur vollständig gesehen haben.

Wie das Duell ist die Mensur ein Zweikampf von Männern, bei dem es darauf ankommt, nicht zurückzuweichen und diese Kampfsituation trotz möglicher Verwundung diszipliniert und ohne äußere Anzeichen von Furcht durchzustehen. Das Einüben von „Tapferkeit“ durch Überwinden der eigenen Furcht ist das eigentliche Ziel, sodass ein Zurückweichen als Niederlage empfunden und gewertet wird, nicht jedoch eine erlittene Verletzung.[2]

Anders als beim Duell geht es dabei weder um Leben oder Tod noch darum, für „Verletzungen der Ehre“ Satisfaktion (Genugtuung) zu geben. Das ist rechtlich verboten und ausdrücklich nicht mehr Sinn der Mensuren. Diese dürfen heute nur noch unter Bedingungen gefochten werden, die ernsthafte oder gar tödliche Verletzungen der Teilnehmer ausschließen.[2]

Schlagende, besonders pflichtschlagende Verbindungen betrachten die Mensur als wichtige Hilfe zur Persönlichkeitsbildung. Denn in der Vorbereitung darauf muss der Teilnehmer eine saubere Kampftechnik (das „Pauken“) einüben und dabei Disziplin und Sorgfalt entwickeln. Dabei muss er sich mit einer als bedrohlich empfundenen Situation auseinandersetzen, die eigenen Ängste davor überwinden und ihr gefasst entgegentreten.[2]


Mensur der vier Tübinger Corps (Gustav Adolf Closs, 1890)
Auf die Mensur! – Illustration in der Zeitschrift Die Gartenlaube, 1887, nach einer Zeichnung von Carl Gehrts, 1886
Theodor Körners „System der Hiebe“ (1808)
Vorbereitung eines Paukanten
Mensurprotokoll vom 9. Juli 1906
Fechtmeister der Universität Heidelberg, um 1910
Paukraum mit Kettenkleid in einem Gießener Verbindungshaus
Frühe Darstellung einer im Alltag getragenen Fechtwaffe: Vornehmes junges Paar beim Spaziergang, Stich von Albrecht Dürer 1496/98
Johann Georg Puschner: Der fechtende Student (Kupferstich von 1725; Fechtboden der Universität Altdorf)
Grab von Adolph Erdmannsdörffer, am 25. Juli 1845 das letzte Opfer der Stoßmensur in Jena
Zeittafel der verschiedenen Ausprägungen des studentischen Fechtens in Deutschland
Zeittafel der studentischen Fechtwaffen in Deutschland
Mensur in Dorpat mit dem typischen Lederhelm (1820er Jahre)
Georg Mühlberg: Der Herr Paukant: Darstellung eines Fechters mit Korbschläger in „verhängter Auslage“
Mensur in Heidelberg in der Hirschgasse um 1925