Odyssee


Die Odyssee (altgriechisch ἡ Ὀδύσσεια hē Odýsseia), neben der Ilias das zweite traditionell dem griechischen Dichter Homer zugeschriebene Epos, gehört zu den ältesten und einflussreichsten Dichtungen der abendländischen Literatur. In Schriftform wurde das Werk erstmals wahrscheinlich um die Wende vom 8. zum 7. Jahrhundert v. Chr. festgehalten. Es schildert die Abenteuer des Königs Odysseus von Ithaka und seiner Gefährten während der Heimkehr aus dem Trojanischen Krieg. In vielen Sprachen ist der Begriff „Odyssee“ zum Synonym für eine lange Irrfahrt geworden.

Die Odyssee beginnt mit der Anrufung der Muse.[1] Die Eingangsverse sind hier auf Altgriechisch, in Umschrift sowie in der klassischen deutschen Übersetzung von Johann Heinrich Voß aus dem Jahr 1781 wiedergegeben:

In 24 Gesängen, die aus 12.110[2] Hexameterversen bestehen, erzählt die Odyssee, wie der König von Ithaka nach dem zehn Jahre währenden Trojanischen Krieg, bei der Heimfahrt durch widrige Winde verschlagen, weitere zehn Jahre umherirrt und nach vielen Abenteuern schließlich als Bettler unerkannt heimkehrt. Eine Parallelhandlung zu den ersten Gesängen, die „Telemachie“, erzählt, wie Odysseus’ Sohn Telemachos sich auf die Suche nach dem vermissten Vater begibt. Als Odysseus schließlich nach Ithaka gelangt, findet er sein Haus voller aristokratischer Freier vor, die sein Eigentum aufzehren, seiner Frau Penelope einreden, er sei tot, und sie zwingen wollen, einen der ihren zu heiraten. In einem letzten Abenteuer, der Mnesterophonia, nimmt Odysseus gemeinsam mit Telemachos und dem treuen Hirten Eumaios den Kampf mit den Freiern auf.

Um die Spannung stets aufrechtzuerhalten, bedient sich Homer einer sehr komplexen Erzählweise. Er arbeitet zum Beispiel mit Parallelhandlungen, Rückblenden, Einschüben, Perspektiv- und Erzählerwechseln. Die Handlung wird nicht chronologisch erzählt, sondern setzt kurz vor der Rückkehr des Odysseus nach Ithaka ein. Sie gliedert sich wie folgt:

Eine zentrale Rolle im Epos nehmen die Gesänge 9 bis 12 ein, in denen Odysseus seine Abenteuer bis zur Ankunft bei den Phaiaken schildert. Dieser eher märchenhafte Teil wird von vielen Forschern für das ursprüngliche Epos gehalten, das später um die einleitende Telemachie und die ausführliche Schilderung des Freiermords am Ende erweitert wurde.


Odysseus und seine Gefährten blenden Polyphem. Detail einer proto-attischen Amphora des Polyphem-Malers, um 650 v. Chr., Museum von Eleusis, Inv. 2630.
Römisches Fresko zur Odyssee (heute in der Bibliotheca Apostolica des Vatikan), ca. 150–100 v. Chr.
Pieter Lastman, Odysseus und Nausikaa, Ölbildnis, 1619, Alte Pinakothek, München
Odysseus erschießt seine Gegner
Odysseus reicht dem Kyklopen Polyphem eine Schale mit starkem Wein
Odysseus und seine Gefährten blenden Polyphem. Lakonisch-schwarzfigurige Schale des Reiter-Malers, ca. 565–560 v. Chr.
Kirke reicht Odysseus den Trinkbecher. Gemälde von John William Waterhouse (1891)
Die Gefährten des Odysseus rauben die Rinder des Helios (Pellegrino Tibaldi)
Büste Homers; aus dem 2. Jahrhundert n. Chr. stammende römische Kopie eines hellenistischen Originals.
British Museum, London
Buch 5, Verse 319–350 der Odyssee (mit Scholien) in der 1335/1336 geschriebenen Handschrift Rom, Biblioteca Apostolica Vaticana, Vaticanus Palatinus graecus 7, fol. 46v
James Joyce: Ulysses. Umschlag der Erstausgabe (1922)