Oration


Eine Oration (lateinisch oratio, von orare ‚sprechen, predigen, verkündigen, beten‘[1], os ‚der Mund‘) ist eine geprägte Form eines Gebetes in der christlichen Liturgie. Im evangelisch-lutherischen Gottesdienst ist auch die Bezeichnung Kollektengebet gebräuchlich. Sie werden in der Regel vom Vorsteher im Namen der Gemeinde gesprochen, schließen gottesdienstliche Feiern oder Teile von ihnen ab und leiten zu folgenden Teilen über.[2]

Orationen im Gottesdienst sind in schriftlicher Form seit dem 7./8. Jahrhundert überliefert, mündlich dürften sie mindestens bis ins 4./5. Jahrhundert zurückgehen. Sie zeichnen sich aus durch eine minimalistisch-klassische Form von klarer Prägnanz und Einprägsamkeit, die auf lange tradierter lateinisch-römischer Rhetorik basiert.[3]

Die gallikanische Liturgie verwendete für die Orationen den Begriff collecta oder collectio (von lateinisch colligere „sammeln“): Der Priester forderte mit dem Ruf Oremus. „Lasst uns beten“, die Gemeinde zum (stillen) Gebet auf und fasste diese Gebete dann mit der Oration zusammen. Später wurde nur noch die erste Oration der Messe (oratio prima, das heutige Tagesgebet) als collecta bezeichnet.[4]

Durch Hinzutreten der relativischen Prädikation wird das ursprüngliche Bittgebet um die Elemente des Lobpreisens und Dankens erweitert.[7] Diese Vollform wird nicht immer durchgehalten. Viele Orationen, vor allem das Gaben- und Schlussgebet, gehen von der Gottesanrede direkt zur Gebetsbitte über.

In der Liturgie folgt nach der Gebetseinladung eine Gebetspause: „In einer kurzen gemeinsamen Stille soll sich jeder auf die Gegenwart Gottes besinnen und sein eigenes Gebet im Herzen formen.“[8]

Die Oration vereinigt Anbetung und Bittgebet und ist durch ihre trinitarische Prägung ausgezeichnet.[9] Sie richtet sich fast immer an Gott, den Vater. Auf die Gottesanrede folgt die preisende Erwähnung einer Heilstat oder Eigenschaft Gottes. An Fest- und Gedenktagen wird hier der Festinhalt zur Sprache gebracht, etwa auf den Tagesheiligen hingewiesen. Dann folgt eine Bitte. Die abschließende Konklusion in Form einer Doxologie kann länger oder kürzer sein. Sie spricht immer von Jesus Christus als Mittler des Gebetes, häufig wird auch der Heilige Geist genannt (in unitate Spiritus Sancti, in der Einheit des Heiligen Geistes).