Politolinguistik ist eine Teildisziplin der Sprachwissenschaft, die sich mit der wissenschaftlichen Untersuchung und Kritik der politischen Kommunikation beschäftigt. Sie ist weitgehend empirisch ausgerichtet und vorwiegend dem Bereich der Angewandten Linguistik zuzurechnen. Politolinguistische Studien können sich auf alle wesentlichen Aspekte der Sprache beziehen, insbesondere auf solche, die der Semantik und der Pragmatik zuzuordnen sind.
Der Begriff Politolinguistik wurde 1996 von Armin Burkhardt in einem Aufsatz, der ihn zugleich als Haupttitel führt, als Bezeichnung für die „bisher namenlose“ Teildisziplin der Sprachwissenschaft eingeführt, die sich mit der kritischen Analyse der politischen Sprache beschäftigt. Die Politolinguistik ist im Grenzgebiet zwischen Linguistik und Politikwissenschaft (Politologie) angesiedelt und in beiden Wissenschaften „weniger dem ,theoretischen‘ als dem ,angewandten‘ und innerhalb des ,angewandten‘ dem ,kritischen‘ Teilbereich zuzuordnen.“
Gegenstand der linguistischen Analyse wurde die politische Sprache in Deutschland etwa um 1900. Hier war sie zunächst Teil der damals aktuellen Schlagwortforschung. Genau im Jahre 1900 erschien Richard M. Meyers „Vierhundert Schlagworte“ und bald darauf Otto Ladendorfs „Historisches Schlagwörterbuch“ (1906), in dem allerdings neben wichtiger politischer Lexik des späten 19. Jahrhunderts auch „Modewörter“ und Neologismen der damaligen Zeit (wie „Mob“ oder „Katzenmusik“) behandelt werden. Und schon 1898 hatte der Lexikograph Hermann Wunderlich in einem Aufsatz das 50. Jubiläum der Konstituierenden Deutschen Nationalversammlung in der Frankfurter Paulskirche linguistisch gewürdigt.
Den eigentlichen historischen Ausgangspunkt für die Entstehung einer Linguistik der politischen Sprache im deutschsprachigen Raum bildeten jedoch Studien zur Sprache des Nationalsozialismus und zu Divergenzen im politischen Wortschatz der beiden deutschen Staaten. Diese Arbeiten entstanden seit den 1950er bzw. 1960er Jahren und blieben zunächst weitgehend auf die genannten Gegenstandsbereiche beschränkt. Erst als Folge der innenpolitischen Zäsur der Jahre 1968/69 ist die öffentliche Kommunikation über politische Fragen seit den frühen 1970ern vermehrt zum Gegenstand linguistischer und politologischer Untersuchungen geworden.
Nach einem leichten Rückgang des Interesses gegen Ende der sozialliberalen Ära nahm die Zahl der Publikationen zur politischen Sprache seit 1982/83, den Jahren der Nachrüstungs-Diskussionen und der liberalkonservativen „Wende“, wieder spürbar zu. Die anfängliche Konzentration auf den militärpolitischen Sprachgebrauch wurde nach und nach zugunsten der Untersuchung allgemeinerer Themen wie ,parlamentarische Kommunikation‘, ,semantische Kämpfe‘ oder ,politische Sprache in den Medien‘ aufgegeben. Daneben sind zahlreiche Einzelstudien zu politischen Textsorten und zur sprachlichen Verarbeitung innen- wie außenpolitischer Einzelereignisse entstanden.