Realvertrag


Ein Realvertrag (auch: Realkontrakt; lat. contractus re)[1] war im römischen Recht ein Vertrag, bei dem zur konsensualen Verpflichtung eine Sachhingabe als Realakt hinzutrat.[2] Die Sachübergabe diente nicht – wie bei den Konsenualverträgen – der Eigentumsverschaffung, sondern der Übergabe einer Darlehensvaluta oder zum Zwecke der Besitzmittlung einer Sache.

Charakteristische Realverträge waren das Darlehen (mutuum), die Verwahrung (depositum), die Leihe (commodatum) und das Faustpfand (pignus).[3][4] Die Rückzahlung der Darlehensvaluta beziehungsweise der Rückerhalt der verliehenen oder verwahrten Sache, konnte durch eine Bereicherungsklage eingefordert werden.[5]

Realverträge lassen sich bis ins 3. Jahrhundert v. Chr. zurückverfolgen, als mit einer lex Silia die erste Kondiktion geschaffen wurde. Bei abstrakter Fassung des (offenen) Schuldgrundes, diente sie dem Rückforderungsrecht. Die obligatio re contracta geht auf die spätere Republik zurück.[6][7]

Das römische Recht unterschied den Realvertrag vom Konsensualvertrag, der hinsichtlich seines Begründungsaktes an keine Sachhingabe gebunden war, dem Litteralvertrag, der von einer Buchung im Hausbuch abhing und dem Verbalvertrag, der an eine Wortformel gebunden war.[8][9][10]

Ausführungen zum Realvertrag finden sich in den Institutionen des hochklassischen Juristen Gaius, der innerhalb des Sachenrechts (res) auch das Schuldrecht (obligationes) ausgeführt hatte.[11] Der Vertrag bildete einen schuldbegründenden Tatbestand, war also konstitutiv, wobei „jede Obligation aus Kontrakt oder aus Delikt“ entstand.[12]

Die Idee des Realvertrags ist jedoch noch älter, so sind bereits die šubanti-Urkunden in altbabylonischer Zeit diesem Typus zuzurechnen. Im heutigen deutschen Recht kennt man den Realvertrag nicht mehr.[2] Das österreichische ABGB hat hingegen die Regelung des römischen Rechts übernommen. So sind der Leihvertrag, der Verwahrungsvertrag und der Trödelvertrag (contractus aestimatorius) Realverträge. Das Erfordernis der „Übergabe“ der Leistung für den Darlehensvertrag wurde 2010 abgeschafft.[13]