Rechtfertigungsgrund


Nach dem Grundsatz der Einheit der Rechtsordnung soll ein und dasselbe Verhalten nicht in einem Teilbereich der Rechtsordnung als erlaubt, in einem anderen dagegen als verboten angesehen werden. Daher gelten Rechtfertigungsgründe in der gesamten Rechtsordnung, also dem Zivil-, Straf- und Öffentlichen Recht.[2] Ist ein Verhalten nach den Regeln über den zivilrechtlichen Notstand gedeckt (§ 228, § 904 BGB), wird es auch nicht bestraft oder mit Bußgeld geahndet (§ 34 StGB, § 16 OWiG).[3]

Im Bereich des Deliktsrechts hat der Gesetzgeber die Schadensersatzpflicht für unerlaubte Handlungen geregelt. Die Verletzung eines Rechtsguts oder eines Schutzgesetzes indiziert die Rechtswidrigkeit dieser Handlung. Die Verpflichtung zum Schadensersatz tritt aber nicht ein, wenn die Handlung nicht widerrechtlich war, d. h. durch einen Rechtfertigungsgrund gedeckt (§ 823 BGB). Es gibt gesetzlich geregelte und sonstige, von der Rechtsprechung anerkannte Rechtfertigungsgründe. Beispiele sind:[4]

Darüber hinaus sind auch außerhalb des Zivilrechts geregelte Rechtfertigungsgründe beachtlich, wie die Wahrnehmung berechtigter Interessen gem. § 193 StGB.

Die ausdrückliche oder mutmaßliche Einwilligung spielt eine Rolle bei ärztlichen Heileingriffen oder Sportverletzungen.

Im deutschen Strafrecht ist eine rechtswidrige Tat eine Handlung, die den Tatbestand eines Strafgesetzes verwirklicht (§ 11 Abs. 1 Nr. 5 StGB). Die Tatbestandserfüllung indiziert auch hier die Rechtswidrigkeit. Allein die Rechtswidrigkeit begründet aber noch nicht die Strafbarkeit des Täters. Wenn dem Täter ein Rechtfertigungsgrund zugutekommt, schließt das eine Bestrafung aus.

Das deutsche Strafrecht kennt zahlreiche Rechtfertigungsgründe, die nicht abschließend aufgezählt sind. Sie stehen nicht zwingend im Strafgesetzbuch, sondern sind auch im BGB (z. B. § 228, § 904 BGB) oder der Strafprozessordnung (Recht der vorläufigen Festnahme, § 127 StPO) geregelt. Rechtfertigungsgründe können auch gewohnheitsrechtlich anerkannt sein, beispielsweise die Pflichtenkollision.[6] Die ausdrückliche oder mutmaßliche Einwilligung spielt auch im Strafrecht eine Rolle und ist für die Körperverletzung in § 228 StGB normiert, für den Schwangerschaftsabbruch in § 218a Abs. 2 und 3 StGB.