Wucher bezeichnet das Angebot einer Leistung zu einer deutlich überhöhten Gegenleistung unter Ausnutzung einer Schwächesituation eines Vertragspartners. Ursachen können zum Beispiel in einer Notlage oder in einer asymmetrischen Informationsverteilung zu Lasten eines Vertragspartners liegen. An Wucher können zivil- und strafrechtliche Folgen geknüpft sein. In einem auf Privatautonomie aufgebauten Privatrechtssystem ist die Wucher-Verfolgung damit die Ausnahme der staatlichen Preiskontrolle.
Lange Zeit verstand man unter Wucher nur den Zinswucher, gegen den sich die ersten Wuchergesetze auch nur richteten.[1]
Etymologisch kommt Wucher vom althochdeutschen wuochar, was Frucht, Nachwuchs oder Gewinn (auch im Sinne von Zinsgewinn) bedeutete. Es geht auf die indogermanische Wurzel *[a]ueg- zurück, die Vermehrung oder Zunahme bedeutet. Von ihr stammen auch das deutsche wachsen sowie lateinisch augere oder altgriechisch ἀέξειν, was beides vergrößern bedeutet. Ein finanzieller Sinn ist von Anfang an nachweisbar, als Pejorativum wird es erst seit dem Mittelalter gebraucht.[2]
Die ältesten überlieferten Regelungen zum Wucher finden sich im Alten Testament: In Lev 25,36 EU und Ps 15,5 [1] werden Zinsen und Wucher verboten. An anderer Stelle wird sogar mit dem Tod gedroht, wenn Zinsen und Wucher dennoch eingesetzt werden (Ez 18,13 EU). Eine Zinsbelastung hätte zur damaligen Zeit schnell zum finanziellen Ruin geführt und wurde als Ausbeutung in einer Notlage gesehen. Wer in Not war, sollte auf die Solidarität seiner Umgebung zählen können, wobei die mosaische Agrarverfassung das Ziel der Gleichheit aller Stammesgenossen hatte, was durch das Zinsverbot gefördert wurde. Dass die ihnen bekannten Fremden und Andersgläubigen dagegen in der Regel Händler aus anderen Gebieten waren, denen das Geld meist nicht in einer Notlage geliehen wurde, sondern um es durch Geschäftstätigkeit zu vermehren, hebt das Gesetz nicht auf.