Der Begriff Zentralismus bezeichnet ein Strukturprinzip zur Kennzeichnung einer gesellschaftlichen Raumordnung, die zentral organisiert ist.[1] In diesem allgemeinen Verständnis wird Zentralismus in einem Gegensatz oder als ein komplementäres Prinzip zum Regionalismus aufgefasst.[2] In der Politik bedeutet Zentralismus das Streben, alle Kompetenzen im Staat bei einer zentralen obersten Instanz zu konzentrieren.[3] Wird dieses Streben gesellschaftliche Wirklichkeit, so wird der Begriff ebenso zur Kennzeichnung von charakteristischen Strukturen eines politischen Systems, insbesondere bei Regimen, verwendet.[4] Eine Ausdrucksform findet der Zentralismus in einem zentralistisch organisierten Einheitsstaat (Zentralstaat), der durch eine ausschließliche Konzentration der politischen Souveränität auf der nationalen Ebene gekennzeichnet ist.[5] In der Religion wird der Begriff zur Beschreibung zentralistischer Strukturen der Organisation von Kirchensystemen verwendet;[6] in der Wirtschaft zur Kennzeichnung von Planwirtschaften sowie zentralistischen Konzernstrukturen.[7]
Ein Musterbild für Zentralismus zeichnete sich im Abendland in der Ausbildung des Kirchensystems in der römisch-katholischen Kirche ab. Als ein früher Papst, der auf den römischen Zentralismus drängte, gilt Damasus I. (366–384).[8] Zu einer Herausbildung des römischen Zentralismus kam es indessen im Frühmittelalter, als die Kirche in Auseinandersetzung mit dem theokratischen Selbstverständnis des germanischen Königtums geriet.[9] Auf der Grundlage der Verbundenheit der Kirchen mit der politischen Ordnung sowie der befürchteten Legitimitätsproblematik angesichts der „Umarmungsversuche von Königen und Kaisern in den einzelnen Ländern“, wurde im Kirchensystem der staatliche Zentralismus reproduziert.[9]